Konzept veröffentlicht: Technische Anlaufstelle für digitale Gewalt
Veröffentlicht am: 21. November 2024

Konzept veröffentlicht: Technische Anlaufstelle für digitale Gewalt

Gemeinsam mit anderen Organisationen veröffentlichen wir einen Bericht, der die Anforderungen an eine technische Anlaufstelle für digitale Gewalt beschreibt. Das Konzept entstand im "Dialog für Cybersicherheit" des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik.

PRESSEMITTEILUNG | Berlin, 21. November 2024 – Vertreter*innen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wissenschaft und Wirtschaft veröffentlichen heute einen Ergebnisbericht, der die Anforderungen an eine technische Anlaufstelle für digitale Gewalt beschreibt. Die Anlaufstelle soll sowohl Betroffene als auch Beratende aus dem Hilfenetzwerk unterstützen.

Entstanden ist das Konzept im Rahmen eines Workstreams des „Dialogs für Cybersicherheit“ des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Der Ergebnisbericht ist auf dessen Website einsehbar. 

Hintergrund ist die wachsende Nachfrage nach gezielter technischer Unterstützung im Hilfesystem. Digitale Gewaltformen schaffen komplexe Probleme, die die bestehenden Beratungsstrukturen vor Herausforderungen stellen. Während psychosoziale Beratung bereits etabliert ist, fehlt es oft an der nötigen technischen Expertise, um Betroffene digitaler Gewalt wirksam zu unterstützen.

„Digitale geschlechtsspezifische Gewaltformen entwickeln sich ständig weiter. Deshalb braucht es den stetigen Austausch zwischen den Beratungseinrichtungen und der IT mit ihrem Fachwissen. Eine feste technische Anlaufstelle mit IT-Personen, die speziell für Themen der geschlechtsspezifischen Gewalt geschult sind, kann dies ermöglichen." – Michaela Burkard, Referentin des bff: Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe

Die beschriebene Anlaufstelle soll speziell auf digitale Gewaltformen wie Cyberstalking, bildbasierte Gewalt, Identitätsdiebstahl und weitere Formen digitaler Übergriffe reagieren und damit die Lücke im bestehenden Hilfesystem schließen. Der Ergebnisbericht soll als Grundlage für die Umsetzung der technischen Anlaufstelle dienen. Die genaue Ausgestaltung und die Finanzierung sind noch ungeklärt.

Im „Dialog für Cybersicherheit“ treten Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Kultur und Medien, Wirtschaft und Staat untereinander sowie mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in den Austausch. Gemeinsam erarbeiten sie in Workstreams praxisorientierte Maßnahmen, die die Sicherheit der digitalen Infrastrukturen stärken sollen. Das BSI unterstützt dabei organisatorisch.

Weitere Ergebnisse des Workstreams

Eine Erhebung im Rahmen des Workstreams unter 521 Mitarbeitenden aus Fachberatungsstellen, Frauenhäusern und dem WEISSEN RING brachte neue Erkenntnisse zu den Bedarfen im Hilfesystem. Die Auswertung ist Teil des Ergebnisberichts. In fast 80 Prozent der Fälle von Partnerschaftsgewalt spielt digitale Gewalt eine Rolle. Die häufigsten Formen sind unerwünschte Kontaktaufnahmen, digitale Diffamierung sowie bildbasierte sexualisierte Gewalt (besser bekannt als „Dick Pics“, „Revenge Porn“, Deep Fakes).

Nur etwa ein Drittel der befragten Beratenden fühlt sich sehr kompetent, die jeweils nötigen Einstellungen von Online-Accounts vorzunehmen und Fälle von Stalking, Beleidigungen und Verleumdungen bei den Plattformen zu melden. Fast alle befragten Beratenden (96,7%) wünschen sich konkrete Hilfe im Umgang mit digitaler Gewalt: Schulungen, Ansprechpartner*innen mit technischer Expertise und Unterstützung bei der Beweissicherung.

Digitale Gewalt im Unterstützungssystem

Beratende aus Fachberatungsstellen, Frauenhäusern und der Opferhilfe sind bei Fällen digitaler Gewalt bisher weitgehend auf sich allein gestellt und müssen sich das nötige technische Wissen meist selbst aneignen. Technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben, ist in dieser Situation für Beratende, die in der Regel für die psychosoziale Beratung Betroffener ausgebildet sind, fachlich und zeitlich nicht zu leisten. 

Das Unterstützungssystem ist auch ohne die zusätzlichen Anforderungen durch digitale Gewalt stark überlastet und kann dem Bedarf in seiner derzeitigen Form nicht gerecht werden. Eine ausführliche politische Einordnung digitaler Gewalt sowie Forderungen aus der Praxis sind in einem Forderungspapier (2024) von 68 Organisationen nachzulesen. Es ist hier abrufbar.

Kontakt

Ein Team gegen digitale Gewalt steht für Presseanfragen zur Verfügung. Schreiben Sie dazu gerne eine E-Mail an: einteam@ituj.de

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