Wir fordern ein umfassendes Gesetz gegen digitale Gewalt
Veröffentlicht am: 26. Februar 2025

Wir fordern ein umfassendes Gesetz gegen digitale Gewalt

Unsere Stellungnahme zum „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der privaten Rechtsverfolgung im Internet“ des Bundesjustizministeriums vom 9. Dezember 2024

Digitale Gewalt ist eine komplexe und wachsende gesellschaftliche Herausforderung. Es existiert eine Vielzahl von digitalen Gewaltformen, darunter nicht nur Hatespeech im Internet, sondern unter anderem auch bildbasierte Gewalt und Cyberstalking. Digitale Gewalt zeigt sich gleichzeitig häufig als eine Erweiterung bestehender geschlechtsspezifischer Gewaltformen mit digitalen Mitteln. Wir beziehen uns hier auf die Betrachtung des bff: Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe e.V.

Ein Gesetz, das digitale Gewalt in den Blick nimmt, muss die unterschiedlichen Gewaltformen sowie die daraus entstehenden Problemlagen anerkennen und ihnen angemessen begegnen. Der vorgelegte Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums reicht hier nicht aus.

Die vorgeschlagenen Regelungen beziehen sich primär auf plattformbasierte Gewalt sowie die technische Identifizierung und eine Erleichterung zivilrechtlicher Rechtsdurchsetzung gegenüber Täter*innen. Der Entwurf lässt die schwerwiegenden digitalen Gewaltformen, die sich im sozialen Nahraum abspielen, komplett außer Acht. Die Betroffenen dieser Gewaltformen werden damit allein gelassen.

Entwurf deckt nur wenige Formen digitaler Gewalt ab

Das Institut für Technik und Journalismus e.V. und seine Initiative „Ein Team gegen digitale Gewalt“ begrüßen es, dass einige Ausprägungen digitaler Gewalt mit dem Diskussionsentwurf adressiert werden. Gleichzeitig fordern wir ein umfassendes Gesetz, das unterschiedliche digitale Gewaltformen einbezieht. 

Das ursprünglich als „Gesetz gegen digitale Gewalt“ geplante Vorhaben, zu dem das BMJ im April 2023 ein Eckpunktepapier veröffentlichte, ist im aktuellen Diskussionsentwurf mit „Gesetz zur Stärkung der privaten Rechtsverfolgung im Internet“ betitelt. Der Entwurf enthält ebenso wie die Eckpunkte keine Begriffsbestimmung und erfüllt nicht die Grundanforderung, das gesamte Spektrum digitaler Gewalt zu adressieren.

Das EU-Parlament und der Europarat verwenden Definitionen geschlechtsspezifischer Gewalt, die explizit auch Formen digitaler Gewalt umfassen. Es handelt sich hierbei um Arten von Gewalt, die sich technischer Hilfsmittel oder digitaler Medien bedienen. Das im Januar 2025 beschlossene Gewalthilfegesetz (GewHG) enthält eine Begriffsbestimmung, die digitale Gewalt explizit als eine „Begehungsform“ geschlechtsspezifischer Gewalt nennt. Eine entsprechende Ausweitung des Begriffs „Digitale Gewalt“ ist dringend auch für den Diskussionsentwurf geboten.

Während manche Fälle von digitalem Stalking, Hatespeech, bildbasierter Gewalt und Doxxing (Veröffentlichung privater Daten im Internet) bereits geahndet werden können, fehlt für andere Formen digitaler Gewalt bisher ein wirksamer Rahmen für die strafrechtliche Verfolgbarkeit. Hierzu zählen Fälle von technikbasiertem Stalking, das Standort-Tracking mit Hilfe von Bluetooth-Trackern wie Apple AirTags sowie das Herstellen, Gebrauchen und Zugänglichmachen sexualisierter Deep Fakes. Diese Lücke muss mit einem Gesetz gegen digitale Gewalt geschlossen werden.

Die Istanbul-Konvention, die 2018 in Deutschland in Kraft getreten ist, und die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die bis 2027 in nationales Recht überführt werden muss, nennen die Bekämpfung unterschiedlicher digitaler Gewaltformen als staatliche Aufgabe. Ein angemessener Rechtsrahmen ist dafür zwingende Voraussetzung.

Über die Organisation

Die Initiative Ein Team gegen digitale Gewalt schult und berät Beratungsstellen und Frauenhäuser bundesweit zur technischen Sicherheit privater Kommunikationsmittel. Der Trägerverein Institut für Technik und Journalismus e.V. reagiert mit der Initiative auf die seit Jahren bestehende Nachfrage nach Fortbildung im Unterstützungssystem.

Gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung und mehr als 60 weiteren Organisationen und Projekten erarbeitete „Ein Team gegen digitale Gewalt“ das Forderungspapier „Digitale Gewalt ernst nehmen“ und überreichte es im Oktober 2024 an Abgeordnete des deutschen Bundestags.

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